Bevölkerung

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Liberia ist die älteste Republik Afrikas. 1821-1847 besiedelten befreite amerikanische Sklaven, Americo-Liberianer, die Atlantikküste. Sie gründeten 1847 die Republik, die allerdings mehrheitlich von indigener Bevölkerung bewohnt wird. Man schätzt heute den Anteil von Americo-Liberianern auf ca. 3%.

Liberia hat eine der höchsten Bevölkerungswachstumsraten der Welt. Sie erreichte einen Höchststand von 4,6 % jährlichem Wachstum im Jahr 2006, ist aber seitdem auf 2,6 % zurückgegangen. Von 1960 bis 2012 stieg die liberianische Bevölkerung insgesamt um 274 %. Gut die Hälfte der Bevölkerung lebt im städtischen Umfeld, ein großer Teil davon in und um Monrovia.

Städte

Die Hauptstadt Monrovia zählt nach einer Schätzung (2015) 1,264 Millionen Einwohner, ist bei weitem die größte Stadt Liberias und ist das Zentrum für die Administration, Wirtschaft, Finanzen und Medien. Monrovia liegt am Atlantik und dem südlichen Mündungsarm des Saint Paul River. Etwa 40 Prozent des offiziellen Stadtgebietes werden vom sumpfigen Mangrovenwald des Mesurado River eingenommen.

Der Freeport Monrovia ist der bedeutendste Seehafen des Landes. Er liegt am Westufer der ehemaligen Insel Bushrod Island bei der Mündung des Mesurado River in den Atlantik.

Das ursprüngliche Straßennetz der Stadt Monrovia wurde nach amerikanischem Vorbild angelegt und besteht aus einem schachbrettartigen Raster von Straßen. Die permanent entstehenden  Außenbezirke der Stadt verfügen hingegen über ein modifiziertes Straßennetz, im Umkreis der Verwaltungszentren und der Gewerbegebiete bestehen asphaltierte Straßen, die Mehrzahl der Vorortstraßen sind aber Naturstraßen und Pisten. Durch den verstärkten Urbanisierungsdruck sind viele als Shanty towns bezeichnete Slums entstanden, am größten davon ist das zentral gelegene Westpoint in Monrovia, direkt am Meer und durch Überflutungen gefährdet. Seit 2008 gibt es eine Aufwertungsinitiative mit der Aufgabe, die Lebensumstände in fünf dichtbesiedelten Slums in Monrovia zu verbessern.

Weitere größere Hafenstädte Liberias sind Buchanan (über 50.000 Einwohner), Harper (ca. 25.000 Einwohner) und Greenville (über 16.000 Einwohner).

Bedeutende Städte im Inland sind Ganta (ca. 50.000 Einwohner), Gbarnga (ca. 60.000 Einwohner), Kakata (fast 40.000 Einwohner), Voinjama (fast 30.000 Einwohner) und Zwedru (ca. 30.000 Einwohner). Liberia ist in 15 Verwaltungsbezirke (Counties) gegliedert.

Verkehrswege

Die wichtigste Straßenverbindung des Landes führt von Monrovia über Gbarnga und Zwedru nach Harper im Südosten Liberias. In Gbarnga zweigt eine Straße in Richtung Voinjama im Nordwesten ab. Eine Straße im guten Zustand verbindet Monrovia mit Tubmanburg und der Grenze zu Sierra Leone. Entlang der Küste verbindet eine Straße Monrovia mit dem 40 km entfernten internationalen Flughafen Roberts Field und Buchanan. 

Abgesehen von diesen Hauptstrecken sind die Straßen oft in einem extrem schlechten Zustand, der sich während der Regenzeit (Mai bis November) noch einmal so verschlechtert, dass viele Orte auf dem Landwege sehr schwer oder nicht mehr zu erreichen sind. Einen Überblick über die Straßenverhältnisse bietet eine Karte, die 2011 vom World Food Programme erstellt wurde.

Internationale Häfen befinden sich in Monrovia und in Buchanan. Entlang der Küste verkehren in unregelmäßigen Abständen kleinere Frachtschiffe zur Versorgung der Hafenstädte.

Die Eisenbahnstrecke, die den Hafen von Monrovia mit Bong Mine (Eisenerz, jetzt nur noch wenig  und in niedriger Qualität) verbindet, ist nach dem Krieg wieder in Betrieb genommen worden. Die ca. 250 Kilometer lange Strecke vom Hafen in Buchanan zur ehemaligen Lamco-Eisenerzmine in Yekepa in den Nimba-Bergen ist auch wiederhergestellt.

Die Besiedlungsgeschichte Liberias ist ein Teilprozess der westafrikanischen Migration. In Liberia existieren mindestens 16 indigene Volksgruppen, jeweils in eine Vielzahl von Untergruppen aufgeteilt, und 2 – 5% Americo-Liberianer.

Anteil alphabetisierte Erwachsene 48,3 % (2017, geschätzt)

Bedeutende Religionen Christlich 85,6%, Muslimisch 12,2%

Städtische Bevölkerung 51,6 % (2019)

Lebenserwartung (w/m) 64/62 Jahre (2018)

Gender Inequality Index Rang 155 von 162 (2018)

Anzahl der Geburten 4,3 / Frau (2019)

Kindersterblichkeit 74,7 / 1000 Lebendgeburten (2018)

Ethnizität und Sprache

Mindestens 95 Prozent der liberianischen Bevölkerung gehören zu den indigenen Gruppen, von denen die Mande-sprechenden Kpelle mit etwa 17 bis 20 Prozent der Liberianer die größte Gruppe darstellen. Zur selben Sprachgruppe gehören auch die Vai, Loma, Mano und Gio. Der Siedlungsschwerpunkt dieser Gruppen liegt im Norden und im Westen des Landes. Die zweite große Sprachgruppe bilden die Kru-Sprachen mit einem Schwerpunkt im Süden und Osten Liberias. Zu dieser Gruppe gehören die Volksgruppen der Bassa, Krahn, Kru und Grebo. Die Bassa stellen mit einem Anteil von ca. 14-15 Prozent an der Gesamtbevölkerung die zweitgrößte ethnische Gruppe. Eine dritte Sprachgruppe bilden die Gola und die Kissi an der Grenze zu Sierra Leone bzw. Guinea. Ihre Sprachen gehören zu den westatlantischen Sprachen. Eine besondere Rolle spielen die  Mandinka (auch Mandingo, Malinke), die zwar ebenfalls eine Mande-Sprache sprechen, sich jedoch durch ihren muslimischen Glauben und ihre sozioökonomische Rolle als Händler und Geschäftsleute von den anderen indigenen Stämmen unterscheiden. Alle indigenen Gruppen in Liberia haben sprachliche und kulturelle Verbindungen zu verwandten ethnischen Gruppen in den Nachbarstaaten.

Die Americo-Liberianer machen zwischen 2 und 5 Prozent der Gesamtbevölkerung Liberias aus. Als einzige Gruppe sprechen sie liberianisches Englisch als Muttersprache. Trotzdem hat sich diese Sprache als Verkehrs- und Bildungssprache durchgesetzt. Ein liberianischer Schauspieler bietet einen Höreindruck. Einzige Amtssprache in Liberia ist Englisch.

Die meisten Americo-Liberianer leben in Monrovia, sie stellen auch einen bedeutenden Teil der liberianischen Diaspora (vor allem in Nordamerika) dar. Die wichtigste nicht-afrikanische Bevölkerungsgruppe in Liberia sind die Libanesen, deren Zahl auf zwischen 2.000 und 10.000 Personen geschätzt wird. Obwohl, oftmals seit mehreren Generationen im Land, verwehrt ihnen die liberianische Verfassung die Staatsbürgerschaft (diese ist an eine afrikanische Abstammung geknüpft). Sie spielen eine dominante Rolle im liberianischen Handel und Gewerbe.

Soziale und ethnische Spannungen

Die makrosoziale Struktur Liberias wird durch eine Reihe von Faktoren geprägt, die einerseits das Ergebnis der Siedlungsgeschichte und andererseits der Kriegsfolgen sind. Die liberianische Gesellschaft ist daher ausgesprochen heterogen und spannungsgeladen:

In Liberia existieren mindestens 16 indigene Volksgruppen, die jeweils in eine Vielzahl von Untergruppen aufgeteilt sind. Der Bürgerkrieg mit seinen ethnisch-geprägten Milizen hat wesentlich zur Ausbildung eines ethnischen Bewusstseins beigetragen. 

Die americo-liberianische Minderheit besetzt weiterhin Schlüsselpositionen in der Verwaltung und im Bildungswesen, während der politische Einfluss seit 1980 deutlich gesunken ist.

Eine einflussreiche Minderheit von Libanesen kontrolliert weite Teile des Handels und Gewerbes.

Über die Jahrhunderte sind Menschen aus anderen Teilen Westafrikas zugewandert (etwa die Fanti aus Ghana oder die Mandingo aus Guinea).

Das Nebeneinander von christlichen Kirchen und des Islam gestaltet sich nicht einfach. Die Mandingos (Mandinkas) sind die größte muslimische Gruppierung. Sie wurden seit Beginn des Bürgerkriegs mehrfach zum Opfer von Pogromen und Vertreibungen. Dies hat historische Ursachen, wurde aber auch dadurch hervorgerufen, das viele Mandingos Samuel Doe in den 80er Jahren unterstützten und den dementsprechenden Bürgerkriegsfraktionen in den 90er Jahren zugehörig waren.

Seit 2003 ist die Anzahl von internationalen Experten, Soldaten und Mitarbeitern von Hilfsorganisationen stark gewachsen. Das führt – vor allem in Monrovia – zu Preissteigerungen bei Mieten und Lebensmitteln.
Zwischen Stadt- und Landbevölkerung sind die sozialen und ökonomischen Gegensätze erheblich.

Soziale Lage und Arbeitsmarkt

Liberia gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. Geschätzte 270.000 Menschen starben während des Bürgerkrieges (1989-2003), mehr als 464.000 Menschen wurden zu Binnenflüchtlingen und 350.000 Liberianer suchten Zuflucht in den Nachbarländern Guinea, Sierra Leone und der Elfenbeinküste. Zwar sind die meisten Vertriebenen mittlerweile in ihre Heimat zurückgekommen, aber das Land leidet weiter unter den Folgen des Krieges. Die physische und soziale Infrastruktur Liberias hat schweren Schaden genommen. Die meisten Einwohner  des  Landes  haben  keinen Zugang zu sauberem Wasser, eine öffentliche Energieversorgung existiert nur in Teilen der Hauptstadt. Der 

Krieg hat die Ungleichheiten zwischen der Bevölkerung in Monrovia und der im Hinterland weiter verschärft, obwohl auch Monrovia stark unter dem Konflikt gelitten hat. Dieser Gegensatz gilt vor allem auch für den Arbeitsmarkt: während es in Monrovia eine gewisse Anzahl von Arbeitsplätzen im Regierungs- und Dienstleistungsbereich gibt, existieren im Hinterland kaum Beschäftigungsmöglichkeiten jenseits der Subsistenzlandwirtschaft.

Besonders schwierig ist diese Situation für junge Leute, die oft keine Möglichkeit haben, eine Berufsausbildung zu absolvieren. Unter anderem, weil Jugendarbeitslosigkeit als Gefahrenpotenzial für Kriminalität, Konflikte und Gewalt gelten, haben Organisationen, z.B. die Welthungerhilfe, Beschäftigungsprogramme entwickelt.

Der Anteil der in absoluter Armut lebenden Menschen ist auf dem Land deutlich höher als in der Stadt, ca. 75 % der Bevölkerung lebt von weniger als einem Dollar pro Tag. Diese Situation   erschwert die Bemühungen zur Verhinderung von Kinderarbeit. Der Anteil der Beschäftigten im formalen Sektor dürfte einen Anteil von ca. 30 % der arbeitsfähigen Bevölkerung nicht überschreiten. Gut die Hälfte der Liberianer lebt in Städten.

Geschlechterverhältnisse

Die liberianische Verfassung verbietet Diskriminierung im Allgemeinen, es gibt jedoch keine spezifischen Gesetze gegen Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts oder auf ethnischer Grundlage, obwohl beides offensichtlich existiert. Die Stellung der Frauen in Liberia variiert je nach Region und ethnischer Zugehörigkeit. 

Traditionelle Gesetze sind ein wichtiger Faktor für Ungleichheit: Frauen, die nach Gewohnheitsrecht verheiratet sind, werden auf dieser rechtlichen Ebene wie Minderjährige behandelt. Zivilrechtlich ist verankert, dass verheiratete Frauen Grundstücke und Immobilien ihrer Männer erben können, während nach Gewohnheitsrecht verheiratete Frauen nicht von ihrem Ehemann erben können.

Die Praxis der weiblichen Genitalbeschneidung (FGM/C) ist weit verbreitet. Im Rahmen der traditionellen Initiation in die Frauengeheimbünde werden fast die Hälfte aller Mädchen und Frauen zwischen 15 und 49 beschnitten. Inzwischen ist das gesetzliche Mindestalter für eine Heirat auf 18 Jahre bei Frauen und 21 Jahre bei Männern festgelegt. Ehen mit minderjährigen Mädchen sind in ländlichen Gebieten trotzdem noch sehr üblich. 36 % der Mädchen werden vor ihrem 18. Geburtstag verheiratet oder heiraten und 9 % vor ihrem 15. Geburtstag (UNICEF, 2013). Liberias Zivilrecht verbietet die Polygamie, aber das Gewohnheitsrecht ermöglicht Männern, mehrere Frauen zu haben.

Die Frauen in Liberia haben während des Bürgerkrieges sehr gelitten: Schätzungsweise wurden zwei Drittel der Frauen vergewaltigt. Sexuelle Gewalt sei im Krieg als Waffe eingesetzt worden, heißt es im Bericht der liberianischen Wahrheits- und Versöhnungskommission. Auch nach dem Krieg gehören Vergewaltigungen zu den häufigsten Verbrechen. Die Mehrheit der Täter wird nicht bestraft, obwohl 2009 ein Sonderdezernat für sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt geschaffen wurde.

Eine Bewegung christlicher und muslimischer Frauen hat sich 2003, nach mehr als 15 Jahren grausamen und blutigen Bürgerkrieges in Liberia, sehr aktiv mit Protestmärschen, Sit-ins und Gesprächen für den Frieden eingesetzt. Sie sammelten sich vor dem Präsidentenpalast in Monrovia und protestierten schweigend in weißen T-Shirts gegen die Kriegsgewalt. Sie schafften es, Präsident Charles Taylor und andere Warlords an den Verhandlungstisch zu bringen. Angeführt von Leymah Gbowee, umzingelten sie 2003 das Haus der verhandelnden Männer in Accra (Ghana) und drohten, sie nicht mehr herauszulassen, bis sie ein Friedensabkommen erreicht hätten. Das war faktisch das Ende des Krieges.

Ellen Johnson-Sirleaf, die ehemalige Präsidentin Liberias, bemühte sich um ein ausgewogeneres Geschlechterverhältnis in den Ministerien, dem Obersten Gerichtshof und in den Kommunalverwaltungen. Die Teilhabe von Frauen am öffentlichen Leben nimmt zu. In der Politik ist der Anteil an Frauen unter der jetzigen Regierung wieder gesunken. In Polizei und Militär ist die Zahl der weiblichen Rekruten seit Ende des Krieges stetig gestiegen.

Für ihr Engagement erhielten Leymah Gbowee und Präsidentin Ellen Johnson Sirleaf 2011 den Friedensnobelpreis, zusammen mit Tawakul Karman, einer Menschenrechtsaktivistin aus dem Jemen.

Bildung

Mehr als 70 Prozent aller Schulen wurden im Krieg zerstört. Obwohl sich Regierung und internationale Gebergemeinschaft um den Wiederaufbau und Ausbau des Bildungssektors bemühen, fehlt es weiterhin an genügend Räumlichkeiten und Schulmaterialien. Bis zu zwei Drittel aller Lehrerinnen und Lehrer verfügt über keine ausreichenden Qualifikationen, Arbeitsmoral und Bezahlung sind ausgesprochen schlecht. 

Dies zeigte sich 2013 daran, dass 100 % der Prüflinge die Aufnahmeprüfung der Universität nicht bestanden. Seit 2004 existiert eine Grundschulpflicht für Kinder zwischen 6 und 11 Jahren, trotzdem besucht mindestens ein Viertel aller Kinder gar keine Schule. Weiterführende Schulen werden von ca. 25 % der Jugendlichen besucht. Ein wesentlicher Faktor für diese niedrigen Zahlen liegt in den relativ hohen Kosten für den Schulbesuch

Die Regierung hat im Rahmen des Free and Compulsory Education Programs Schulgebühren im Primarbereich abgeschafft, aber die Kosten für Schuluniformen und Bücher sind beträchtlich. Viele Schulen erheben nach Regierungsangaben weiterhin illegale Gebühren. Trotzdem konnte das Land die Schülerzahlen seit Kriegsende um 40 Prozent erhöhen. Die Ausbildung von Mädchen und Frauen wird besonders berücksichtigt.

In Liberia existieren verschiedene Universitäten und Fachhochschulen, darunter die bereits 1863 gegründete University of Liberia in Monrovia sowie die kirchlichen Universitäten Cuttington University (Gründungsjahr 1889) in Suakoko (Bong County) und die A.M.E. Zion University in Monrovia. Daneben gibt es drei Lehrerausbildungsstätten (Rural Teachers Training Institutes) in Kakata, Zorzor und Webbo, sowie verschiedene private Hochschulen in Monrovia.

Nach einer 7-monatigen Schließung wegen der Ebola-Epidemie haben die Bildungseinrichtungen Mitte Februar 2015 ihre Türen wieder geöffnet, allerdings erst einmal mit Sicherheitsauflagen. Die SchülerInnen mussten sich regelmäßig Fieber messen lassen und ihre Hände desinfizieren. Zudem sollten die Schülerzahlen in den zumeist überfüllten Klassenräumen von ca. 100 auf 45-50 SchülerInnen pro Klasse reduziert werden, um eine Ansteckungsgefahr zu vermindern.

Die Analphabetenrate unter der erwachsenen Bevölkerung liegt zwischen 37 und 55 Prozent, wobei es deutliche Unterschiede zwischen Stadt- und Landbevölkerung sowie zwischen den Geschlechtern gibt. So können in ländlichen Regionen knapp zwei Drittel der männlichen Bevölkerung über 15 Jahren Lesen und Schreiben, aber nur ein Drittel der weiblichen. Regierung und internationale Organisationen bemühen sich durch Erwachsenenbildungsprogramme die Alphabetisierungsrate zu erhöhen.

Gesundheitswesen

Vor allem in ländlichen Gebieten ist der Zugang zu Gesundheitseinrichtungen aufgrund der schlechten Transportinfrastruktur weiterhin sehr schwierig. Auch fehlt es überall im liberianischen Gesundheitssystem an qualifiziertem Personal, Medikamenten und medizinischem Gerät. Die Bevölkerung bezahlt dies mit einem insgesamt schlechten Gesundheitszustand und einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 63 Jahren. Malaria ist die häufigste Todesursache, gefolgt von Durchfallerkrankungen und Atemwegsinfektionen.

Die HIV-Rate liegt bei geschätzten 1,9 Prozent (2019). Damit liegt sie über dem internationalen Durchschnitt von ca. einem Prozent, aber Liberia gehört damit nicht zu den Hochprävalenzländern. Im Alltag leiden HIV-infizierte Menschen unter starker Stigmatisierung und der Zugang zu HIV- spezifischer Gesundheitsversorgung wird durch weite Wege und durch Korruption im Gesundheitswesen erschwert.

Die Säuglingssterblichkeitsrate liegt deutlich über den vergleichbaren Zahlen aus anderen afrikanischen Staaten, mehr als 15 % sterben vor Ende des ersten Lebensjahres. Die Sterberate für Kleinkinder unter fünf Jahren liegt um die 7 %. Ein spezifisches Problem von Nachkriegsgesellschaften sind die körperlichen und psychologischen Folgen der Kriegsereignisse. Dazu gehört auch eine weiterhin hohe Anzahl von Vergewaltigungen sowie andere Formen von häuslicher Gewalt.

Zurzeit werden noch drei Viertel aller medizinischen Einrichtungen von – zumeist ausländischen – Nichtregierungsorganisationen betrieben, aber dieser Anteil wird in den nächsten Jahren aller Voraussicht nach deutlich sinken. Die liberianische Regierung ist daher bemüht, mehr Fachkräfte für den Gesundheitssektor auszubilden. Das hat noch einmal an Bedeutung gewonnen, nachdem sich während des Ebolaausbruchs 2014/15 mehr als 200 Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger mit dem Ebola-Virus infiziert haben und ca. 100 davon gestorben sind. Selbst vor dieser Krise gab es in Liberia nur einen Arzt für 10000 Menschen.

Die Schwächen des Gesundheitssystems, verbunden mit den Erfahrungen der Ebola Epidemie, haben zu zügigem Handeln bei Ausbruch der Covid-19 Pandemie geführt. Schulen wurden geschlossen, bevor der erste Fall bekannt wurde, alle kommerziellen Flugverbindungen von und nach Liberia waren vom 24. März bis zum 28. Juni suspendiert, in der Öffentlichkeit, auch im öffentlichen Verkehr, ist das Tragen einer Gesichtsmaske Pflicht, ein Abstand von einem Meter muss eingehalten werden, das Händewaschen ist bei Eintritt in Gebäude vorgeschrieben. Der im April 2020 ausgerufene nationale Notstand wurde am 22. Juli aufgehoben, damit auch die nächtliche Ausgangssperre.

Schulen werden seit August 2020 schrittweise wieder geöffnet. Bis Ende November 2020 wurden 1595 Menschen Covid-19 positiv getestet, 83 Menschen sind an der Krankheit gestorben. Für den großen Teil der Bevölkerung, der die täglichen Einnahmen direkt für Nahrungsmittel ausgibt und über keine finanziellen Reserven verfügt, waren der Lockdown und die eingeschränkten Arbeitsmöglichkeiten bedrohlicher, als die Infektionsgefahr. So haben sich die Bedingungen der Armut noch einmal verschärft.

Präsident Weah ergriff eine ungewöhnliche Maßnahme, in dem er selbst einen Aufklärungssong zur Bekämpfung der Verbreitung von Covid-19 produzierte.

Die Urheberin dieser Texte ist Juliane Westphal.

Juliane Westphal, Mediatorin M.A., Open Space Begleiterin, Beraterin für der Zivilen Friedensdienst (ZFD) von Brot für die Welt in West- und Zentralafrika.

Von 2005 bis 2007 war sie zuständig für die öffentliche Aufklärung über die Arbeit und die Ergebnisse der beiden Wahrheits- und Versöhnungskommissionen (TRC) in Sierra Leone und Liberia.

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