Medien
Für die meisten Bürger Liberias ist der Rundfunk die wichtigste Informationsquelle. Zu den führenden Medien gehört das frühere UNMIL Radio, der Sender der Mission der Vereinten Nationen, der im März 2018 nach einer offiziellen Übergabe zu zu ECOWAS Radio umgewidmet wurde. Einschließlich der Community Radios, die sich vor allem in den ländlichen Regionen großer Beliebtheit erfreuen, gibt es fast 80 registrierte Radiosender. Die privaten Fernsehsender spielen vor allem in Monrovia eine Rolle, ihre Reichweite ist begrenzt. In Monrovia werden verschiedene Zeitungen verlegt, darunter Front Page Africa, The New Dawn und Daily Observer.
Die Pressefreiheit ist in der Verfassung festgeschrieben, die Medien operieren aber nicht immer ohne Beschränkungen durch die Regierung. Es gibt aber auch Ausnahmen, wie zum Beispiel vor den Wahlen 2011. In der aufgeheizten Situation waren die Journalisten mehr Bedrohungen ausgeliefert. Unter anderem werden die Gesetze gegen üble Nachrede (libel laws) dazu genutzt, die Pressefreiheit einzuschränken. Am 21. Juli 2012 hat Präsidentin Johnson Sirleaf die Table Mountain Declaration unterzeichnet, ein Schritt hin zur Abschaffung von repressiven Maßnahmen gegenüber afrikanischen Journalistinnen und Journalisten. Auf der Rangliste der Pressefreiheit 2020 belegt Liberia den Platz 95 von 180 untersuchten Staaten.
Traditionelle Kultur
Geschichte, Religion und Ethnizität spielen eine wichtige Rolle im kulturellen Leben Liberias. Die ausgesprochen heterogene Gesellschaft des Landes hat sehr unterschiedliche kulturelle Ausdrucksformen hervorgebracht. Dabei prägen die kulturellen Wertvorstellungen der Minderheit der Americo-Liberianer mit ihrer starken Verwurzelung im christlichen Glauben und der besonderen Verbindung zu den Vereinigten Staaten von Amerika immer noch das Bild des offiziellen Liberia.
Hierzu gehört auch das Zelebrieren des liberianischen Gründungsmythos vom «Land der Freien».
Vor dem Ausbruch des Bürgerkriegs standen die öffentlichen Auftritte von Maskentänzern bei den indigenen Ethnien im Nordwesten im Vordergrund, während im Süden und Osten Kriegstänze eine wichtige Rolle spielten. In diesen Kontext gehören auch die traditionellen Geheimgesellschaften der Poro (männlich) und Sande (weiblich), die vor allem im Nordwesten und im Zentrum des Landes unter der indigenen Bevölkerung des Landes verwurzelt sind.
Diese traditionellen Gesellschaften spielten bis zum Ausbruch des Kriegs eine zentrale Rolle in der Initiation von Jungen und Mädchen, aber auch bei religiösen Praktiken und im Rahmen der lokalen Politik. Beleg für die Bedeutung der Bünde bis in die späten Jahre des 20. Jahrhunderts ist die Tatsache, dass die liberianische Regierung seit den vierziger Jahren gezielt versuchte, auf diese Strukturen Einfluss zu gewinnen. So ließen sich die letzten beiden Präsidenten aus den Reihen der Americo-Liberianer, William Tubman und William Tolbert, zu Würdenträgern der Poro ernennen. Welche Rolle die Poro und Sande seit Kriegsende spielen, und wie stark mit der Rückkehr der Flüchtlinge eine Restauration dieser Praktiken stattgefunden hat, ist nicht einschätzbar. Aufgrund der menschenrechtsverletzenden Praxis der weiblichen Genitalbeschneidung (FGM) stehen die Geheimgesellschaften in der Kritik von Menschenrechtsgruppen.
Zeitgenössische Kultur
Das National Museum in Monrovia, das historische und ethnographische Objekte und Dokumente ausstellt sowie liberianische Malerei aus dem 20. Jahrhundert, hat fast alle Exponate während des Bürgerkriegs durch Plünderungen und einen Brand verloren. Heute sind dort unter anderem Exponate zu sehen, die den Bürgerkrieg selbst darstellen.
2008 hat eine Galerie, die «Art Masters Gallery» im Zentrum Monrovias (Broadstreet) eröffnet. Eine weitere, die «Art of the Heart Gallery«, wurde ein Jahr später von Leslie Lumeh eröffnet, ein Jahr später gründete er die «Liberia Visual Arts Academy«, eine Kunstschule für Kinder und Jugendliche.
Jahrelang wurde in Liberia viel Musik aus den Nachbarländern gespielt. Momentan ist es gerade umgekehrt, dank Hipco, dem relativ neuen Sound aus Liberia: US Rap-Styles verbunden mit dem Slang von den Straßen Monrovias. Der L.I.B. Hipco & Funk Mix by DJ ANT bietet eine Hörprobe.
Im September 2013 hat nach einem 5-wöchigen Filmworkshop das erste Filmfestival in Monrovia stattgefunden. Gezeigt wurden die Ergebnisse des Workshops, Kurzfilme über in Liberia wichtige soziale Themen wie Korruption, Gesundheitsversorgung und sexuelle Ausbeutung von Frauen. Die Filmtrainings wurden weitergeführt und im Februar 2014 gab es schon ein weiteres Festival. So entwickelt sich langsam eine eigenständige liberianische Filmkultur.
Abgesehen von der americo-liberianischen Kultur ist ein großer Teil der Literatur traditionell mündlich weitergegeben worden. Die bekanntesten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts waren Wilton Sankawulo und Bai T. Moore, dessen bekanntester Kurzroman «Murder in the Cassava Patch» (Mord im Maniokbeet) Standardliteratur in liberianischen Schulen ist. Es gibt eine Reihe von AutorInnen in Liberia und in der US-amerikanischen Diaspora, zum Beispiel Wayétu Moore, Jabbeh Wesley und Helene Cooper. Die beiden Friedensnobelpreisträgerinnen, Ellen Johnson-Sirleaf und Leymah Gbowee, haben Autobiografien veröffentlicht.
Religion
Obwohl sich Liberia offiziell als christlich-geprägtes Land versteht, herrscht eine relativ große Heterogenität von Glaubensvorstellungen. Die Angaben über die religiösen Zugehörigkeiten der liberianischen Bevölkerung schwanken stark. Laut Zensus von 2008 gehören 85,6 Prozent der Liberianer christlichen (vor allem protestantischen) Kirchen an, der Anteil der Muslime (vor allem Mandingo und Vai) beträgt 12,2 Prozent. und 0,6 Prozent der Bevölkerung gehören ausschließlich traditionellen Glaubensgemeinschaften an. Eine klare Trennung zwischen der Zugehörigkeit zu einer christlichen Kirche und dem Festhalten an traditionellen Religionspraktiken (etwa im Rahmen von Poro oder Sande) ist oftmals nicht möglich.
Traditionell herrscht eine relativ große religiöse Toleranz in Liberia, Christen und Muslime leben zusammen und feiern ihre Feste gemeinsam. Allerdings kam es nach dem Krieg wiederholt zu Konflikten zwischen muslimischen Mandingos und anderen ethnischen Gruppen, in deren Rahmen auch Kirchen und Moscheen angezündet wurden. Hierbei scheint die Religion vielfach den sozioökonomischen Kern der Konflikte zu verschleiern. Hinzu kommt, dass die Mandingos während des Krieges klar jeweils einer der Fraktionen (ULIMO und LURD) zugeordnet werden konnten, was sich in der Wahrnehmung vieler Liberianer mit der Religionszugehörigkeit verwoben hat. Von Seiten des Staates wird religiöse Toleranz gefördert, trotzdem wird seit drei Jahren öffentlich debattiert, ob Liberia zu einem christlichen Staat deklariert werden sollte oder nicht.
Die Urheberin dieser Texte ist Juliane Westphal.
Juliane Westphal, Mediatorin M.A., Open Space Begleiterin, Beraterin für der Zivilen Friedensdienst (ZFD) von Brot für die Welt in West- und Zentralafrika.
Von 2005 bis 2007 war sie zuständig für die öffentliche Aufklärung über die Arbeit und die Ergebnisse der beiden Wahrheits- und Versöhnungskommissionen (TRC) in Sierra Leone und Liberia.
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