Außenpolitik
Besonders eng ist die Verbindung Liberias aufgrund seiner Geschichte zu den USA, es gibt aber auch viele Bezüge in die EU und nach China und auch eine lange Geschichte der Kooperation mit Deutschland. Zu den beiden Nachbarländern Sierra Leone und Guinea unterhält Liberia gute Beziehungen. Neben diesen drei Ländern ist die Elfenbeinküste seit 2008 Mitglied der 1973 gegründeten Mano-River- Union (MRU). Sie ruhte während der Kriegsjahre und wurde im Jahr 2004 neu gegründet. Die Union bemüht sich um die Verbesserung der Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten. Gemeinsame Schwerpunkte sind die Wirtschaftsentwicklung, die soziale Entwicklung sowie Frieden und Sicherheit.
Außerdem gehört Liberia zu den 15 Mitgliedsstaaten der Economic Community of West African States (ECOWAS). Die ECOMOG ist die multinationale Streitkraft der ECOWAS, die auch während des Bürgerkrieges in Liberia eingesetzt wurde. Die ECOFORCE als Nachfolger der ECOMOG war in der Vergangenheit in der Elfenbeinküste stationiert.
Die Mitgliedschaft in der UN spielt für Liberia eine wichtige Rolle. Die internationale Staatengemeinschaft stationierte zur Friedenssicherung zeitweise bis zu 15.000 UN-Soldaten und 1115 Polizisten im Land. UNMIL (United Nations Mission in Liberia) unterstützte Liberia auch beim Wiederaufbau. Das UNMIL Mandat endete im März 2018, aber die UN wird Liberia weiterhin in der Friedenskonsolidierung unterstützen.
Liberia ist Mitglied weiterer internationaler Organisationen:
AU (Afrikanische Union)
Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB)
AKP (Gruppe der afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten)
WTO (Welthandelsorganisation)
Rechtssystem
Es existiert ein gemischtes Rechtssystem aus dem Zivilrecht (basierend auf dem anglo- amerikanischen Gesetz) und dem Gewohnheitsrecht. Alle formalen Gerichte sind Teil des nationalen Systems und stehen unter Aufsicht des Obersten Gerichtshofs, des Supreme Courts. Er befindet sich im „Temple of Justice“ auf dem Capitol Hill in Monrovia. Es ist die letzte Instanz in Verfassungsfragen und kann somit auch die Verfassungsmäßigkeit der Gesetzgebung bestimmen. Der Oberste Gerichtshof ist außerdem die letzte Berufungsinstanz in allen Fällen. Das Gericht besteht aus dem Chief Justice of Liberia und vier Associate Justice, die von der Präsidentin ernannt und vom Senat bestätigt werden.
Die Circuit Courts sind Bezirksgerichte und haben die erstinstanzliche Zuständigkeit in den schwerwiegendsten Fällen, darunter schwere Körperverletzung, Einbruch, Vergewaltigung und Mord.
Die Amtsgerichte, Magistrates Courts, sind zuständig für Zivil- und Strafgerichtsbarkeit. Sehr schwere Fälle, einschließlich Vergewaltigung, Mord oder Einbruch, müssen nach vorläufigen Anhörungen an die Circuit Courts überwiesen werden.
Friedensrichter (Justices of Peace) sind Laienrichter. Sie sind befugt, in einem sehr begrenzten Bereich von Zivil- und Strafsachen zu entscheiden.
Neben dem formalen Recht existiert im ländlichen Liberia das traditionelle Recht. Clan Chiefs, Stadt Chiefs und Paramount Chiefs, die lokalen traditionellen Autoritätspersonen, haben die Befugnis, Zivilsachen zu regeln, haben aber keine Autorität über Strafsachen. Wenn ein Konflikt zwischen dem formalen Recht und Gewohnheitsrecht besteht, hat der Oberste Gerichtshof entschieden, dass das formale Recht vorherrscht. In der Praxis wird in solchen Fällen aber auch oft das Gewohnheitsrecht angewendet.
Seit Ende des Krieges sind weitgehende Justiz- und Sicherheitsreformen durchgeführt worden. Nach wie vor sind die Kapazitäten aber nicht ausreichend, um einen angemessenen Zugang zum Recht zu gewährleisten, deshalb unterstützen internationale und nationale Organisationen den Zugang durch die Etablierung von Rechtsberatungs- und Mediationsangeboten, zum Teil auch gezielt für Frauen.
Menschenrechte
Seit Ende des Krieges hat Liberia Fortschritte bei der Gewährung internationaler Menschenrechte gemacht. Trotzdem gilt es noch, eine Reihe von Herausforderungen zu bewältigen, vor allem in der Rechtsprechung und Rechtsstaatlichkeit. Eine schlechte Infrastruktur, fehlendes Personal und korrupte Praktiken führen zu häufigen Verzögerungen, die zum Beispiel zu bedingtem Zugang zu Recht und zur starken Überbelegung von Gefängnissen geführt haben.
Vergewaltigungen und Gewalt gegen Frauen und Mädchen kommen nach wie vor häufig vor, trotz der Verabschiedung eines Gesetzes im Jahr 2006, das verhältnismäßig hohe Strafen für Vergewaltigungen vorsieht. Viele dieser Straftaten kommen nicht vor Gericht, und wenn es doch zu einer Anzeige kommt, werden die Verfahren nur langsam umgesetzt. Viele Frauen und Mädchen sind weiteren Formen der häuslichen Gewalt ausgesetzt. In weiten Teilen des Landes sind die weibliche Genitalbeschneidung sozialer Standard und für viele Mädchen schwer zu umgehen, obwohl sie vor dem 18. Lebensjahr strafbar ist.
Weitere Einschränkungen der Menschenrechte sind die Kriminalisierung von schwulen und lesbischen Beziehungen und einige Einschränkungen der Meinungsäußerung bei öffentlichen Protesten und in der Presse.
Die unabhängige nationale Kommission für Menschenrechte (Independent National Commission on Human Rights – INCHR) ist seit 2009 für die Förderung der nationalen Umsetzung und Einhaltung der von Liberia unterzeichneten internationalen und regionalen Menschenrechtsverträge zuständig, ist aber öffentlich bisher nur punktuell in Erscheinung getreten.
Korruption
Korruption in Liberia ist ein Problem auf verschiedenen Ebenen. Auf der einen Seite der Skala sind die großen Bestechungsskandale, bei denen internationale Firmen Regierungsmitglieder bestochen haben, um Rohstoffabbaukonzessionen zu günstigen Bedingungen zu erhalten, oder auch bei der Vergabe von Ölkonzessionen.
Am anderen Ende der Skala sind die Bestechungen im Alltag, die Liberianer bezahlen müssen, wenn sie im Krankenhaus behandelt werden wollen, Genehmigungen oder Papiere benötigen, von der Polizei nicht unnötig aufgehalten werden wollen, Schulzeugnisse rechtzeitig brauchen, um sich auf einer weiterführenden Schule bewerben können – um nur einige der typischen Beispiele zu nennen. Diese Art der Korruption wird im Transparency International „Corruption Perception Index“ dargestellt, Liberia nimmt dort Platz 137 von 180 Staaten ein (2019). Auch wenn es sich dort um kleinere Summen handelt, hat es zur Folge, dass Menschen durch unnötige Kosten für Produkte und Dienstleistungen belastet werden, die für viele von ihnen schon zu den regulären Preisen schwierig sind zu finanzieren. Auf der anderen Seite sind die Löhne im öffentlichen Dienst niedrig, oft reichen sie nicht für den Lebensunterhalt ohne Zuverdienste.
Auf der mittleren Ebene gibt es zum Beispiel noch die Veruntreuung von internationalen Hilfsgeldern, augenscheinlich während der Ebola-Krise. Es existieren Organisationen zur Bekämpfung der Korruption – von der „Liberia Anti-Corruption Commission (LACC)“ bis zur „General Auditing Commission (GAC)“ und der Kommission für öffentliche Aufträge und Konzessionen (PPCC). Allerdings fehlt es ihnen oft an Befugnissen und Ressourcen, um Bestechungen zu verhindern. Eine innovative Methode, der Korruption etwas entgegenzusetzen stellt die TV-Show «Integrity Idol» (Integritätsidol) im liberianischen Fernsehen da. Zuschauer können dort über den ehrlichsten Staatsdiener in Liberia abstimmen, um korrektes Verhalten zu fördern und für die Probleme der Korruption zu sensibilisieren.
Die Urheberin dieser Texte ist Juliane Westphal.
Juliane Westphal, Mediatorin M.A., Open Space Begleiterin, Beraterin für der Zivilen Friedensdienst (ZFD) von Brot für die Welt in West- und Zentralafrika.
Von 2005 bis 2007 war sie zuständig für die öffentliche Aufklärung über die Arbeit und die Ergebnisse der beiden Wahrheits- und Versöhnungskommissionen (TRC) in Sierra Leone und Liberia.
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